Mittwoch, 26. November 2008

Gerechtigkeit

Es war einmal ein König, der fand, dass in seinem Reich alles drunter und drüber ging und niemand auf ihn hörte. Da beschloss er, dass er strenger mit seinen Untertanen umgehen müsse, und verkündete eine Reihe von neuen Gesetzen, auf deren Einhaltung er eifrig achtgab. Jeden noch so kleinen Verstoß gegen die neuen Regelungen unterband er schon im Vorfeld, obwohl seine Untertanen hier und da murrten und die Weisheit der königlichen Entscheidungen nicht so recht einsehen wollten.
Nun waren aber der Untertanen viele und einige derselben waren dem König durchaus ans Herz gewachsen. Wenn diese nun antichambrierten und um Entbindung von den geltenden Gesetzen baten, wiegte der weise König sein Haupt hin und her und sagte: "In deinem Fall will ich eine Ausnahme machen, aber erzähle den anderen nichts davon." Leider ließen die privilegierten Untertanen, wie es eben Menschen so tun, hier und da eine Bemerkung über die errungene Gunst fallen, so dass sie den anderen Untertanen zu Ohren kam. Nun murrten diese freilich noch mehr.
(Fortsetzung folgt)

Vorbei!




Unsere Schule verfügt jetzt über einen vorbildlichen Feuerschutz: kahle, verschmutzte Wände in den Fluren; provisorische Rigips-Wände; Raumtrennungen, die als Fluchtwege deklariert werden, und allerorts Schilder, auf denen steht: Diese Tür bitte immer geschlossen halten. Dafür haben wir aufgegeben: Infobretter mit aktuellen Zeitungsausschnitten, Fotoaushänge über AGs, Projekte, Reisen und Veranstaltungen, Kunstobjekte, die einen staunen ließen, und die Möglichkeit, schnell und unbürokratisch per Zettel Nachrichten weiterzugeben. All diese papiernen Objekte könnten Feuer fangen (oder angezündet werden) und auf den deklarierten Fluchtwegen verheerende Forlgen haben.
Ja, das muss dann wohl so sein! Aber es ist irgendwie auch ganz furchtbar, wie durch Bürokratisierung der Lebensraum Schule zwangsverödet. Wir schaffen jetzt Klemmrahmen an, um alles hinter (Plexi-)Glas zu sichern. Mal sehen, wie das im Endeffekt aussieht! Bleiben die Klassenräume, in denen alles so bleiben kann, wie es ist. Das sollte man dann auch weidlich ausnutzen. Her mit den Lernplakaten, Fotos vom Wandertag, Geburtstagskalendern und Fußballpostern! Und wehe, jemand treibt damit Unfug!

Donnerstag, 20. November 2008

Inspektion

Im Januar also kommt das Inspektionsteam in die ADO. Gestern hat es sich vorgestellt, das Verfahren erläutert, Dokumente eingefordert und Personen ausgelost. Man wolle einen Blick von außen auf die Schule werfen und ihre Stärken herausfinden (Schwächen etwa nicht?). Dazu dienen Unterrichtsbesuche von je 20 Minuten, Fragebögen für die gesamte Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft (die aber nur ausgewertet werden, wenn jeweils 80% mitmachen), Einzel- und Gruppeninterviews mit den Beteiligten. Die Fragebögen und Kriterien sind vorher bekannt, insoweit gibt es keine Geheimniskrämerei. Man spielt mit offenen Karten. Das ist gut. Gut ist auch, dass wir, also sowohl Lehrerschaft als auch Institution,endlich einmal erfahren, was andere von uns halten. Einerseits... Andererseits ist man das ja nicht gewohnt. Unsereins bewertet und benotet nahezu täglich, wird aber äußerst selten selbst benotet. Wenn man sich um eine Funktionsstelle bewirbt, macht die Schulaufsicht bzw. neuerdings die Schulleitung eine dienstliche Beurteilung. Lustig daran ist allerdings, dass schon vorher feststeht, dass alle dieselbe Endnote bekommen (außer man ist völlig unfähig und steht kurz vor der Suspendierung). Die zweite Chance hat man bei Spickmich, aber da trauen sich die meisten gar nicht hin, angeblich aus prinzipiellen Gründen, vielleicht aber auch, weil sie Schiss haben? Ganz taffe Gestalten lassen sich ja von ihren Schülern regelmäßig ein Zeugnis ausstellen. Das gibt's sogar online irgendwo beim Senat und es ist sichergestellt, dass nur der Lehrer selbst und niemand sonst das Ergebnis der anonym eingegebenen Voten einsehen kann. Der Gedanke, einmal mit seinen ganzen Schwächen, Wissenslücken, säumigen Korrekturen, schlechtgelaunten Bemerkungen, ungerechten Noten und sonstigen pädagogischen Supergaus konfrontiert zu werden, hat nun wirklich nichts Anziehendes. Ich reiße mich auch nicht gerade darum. Dennoch muss ich sagen, dass ich einige persönliche Fortschritte in meiner erzieherischen Menschwerdung Bemerkungen zu verdanken habe, an denen ich zunächst einmal zu kauen hatte. Ein Beispiel für viele: Auf einem Elternabend (muss mindestens zwanzig Jahre her sein)klage ich wortreich über das unmögliche Verhalten der Klasse (Beispiele tun jetzt nichts zur Sache). Ein Vater: "Können Sie das Ganze nicht mal mit Humor nehmen?" Uff, das hat gesessen. Und nachhaltig gewirkt. Okay, an Herrn Heinecke bin ich nie herangekommen, aber ich arbeite dran! Zweites Beispiel (wenn man einmal anfängt, drüber nachzudenken...): ein Schlüsselerlebnis meiner ersten Wochen als Referendarin. Ich 25, die Schüler (3. Semester)18-20. Haben sich ein Spässchen daraus gemacht, mich nach Strich und Faden zu veräppeln, bis ich dann endlich einmal (nach vielen sanften "bitte, bitte" und "Könnten Sie nicht vielleicht Ihre Zeitung zusammenfalten und Ihre Füße vom Tisch nehmen?")ein bisschen lauter wurde. Befreites Grinsen: "Na, endlich gehen Sie mal etwas aus sich heraus!" Inzwischen kann ich sogar schreien, wenn Not am Mann ist, immer nach dem Motto: Wenn man schon der Alleinunterhalter ist, haben die Kinder auch ein Recht auf Emotionen. Schließlich gucken sie täglich Gerichtsshows. So, irgendwie bin ich jetzt vom Thema abgekommen...