Sonntag, 6. Dezember 2009

Elektronik im Unterricht

Laut Schulordnung ist der Betrieb von Handys und MP3-Playern in der Unterrichtszeit verboten. Das scheint auf den ersten Blick auch sinnvoll zu sein. Kreative Klingeltöne aus der Tiefe des Raums, Simsen unterm Tisch, telefonische Hilferufe während der Klausur oder gar "lustige" Videos von Klassenkameraden, die sich streiten oder schlagen - das alles wollen wir nicht. Ganz zu schweigen von heimlich aufgenommenen Szenen, die auf dem Lehrertisch tanzende Kollegen der geneigten Youtube-Öffentlichkeit vorstellen.
Doch an der Wahrnehmung dieser neuen Medien als generell schulschädlich sind mir in letzter Zeit Zweifel gekommen. Sollen die Schüler z.B. im Französischunterricht eigene Texte verfassen, ist ein Wörterbuch sehr hilfreich. Konkret bedeutet dies, dass ich oder ggf. willige Helfer (bei Partnerarbeit) mindestens 14 Wörterbücher in den 4. Stock hoch- und dann wieder herunterschleppe(n).
Nun haben einige Schüler aber entsprechende Programme auf ihrem iPod bzw. per iPhone Zugang zum Internet, was die Suche nach Vokabeln bzw. grammatischen Formen erheblich beschleunigt und vereinfacht. Gibt es ein ernstzunehmendes Argument, das das Blättern in der gedruckten und kiloschweren Papierfassung gegenüber dieser Form der Informationsbeschaffung als höherwertig sieht? Eventuell: Man macht sich dann so abhängig von der Technik? Schließlich haben es die Leute ja auch verlernt, sich Telefonnummern zu merken, da sie diese inzwischen gespeichert mit sich herumtragen. Ein Beispiel: Ich suche bei der Unterrichtsvorbereitung ein bestimmtes Gedicht - sagen wir mal von Goethe. Was ich tun könnte: runtergehen zum Bücherregal, Ausgabe der Gedichte suchen, Register aufschlagen, Gedicht suchen, wieder hochgehen, Gedicht abschreiben. Genau das tu ich natürlich nicht! Ich google die erste Zeile, kopier den Text und füge ihn in mein Dokument ein. Trotzdem liebe ich meine Bücher.
Was lernen wir daraus? Maschinenstürmerei hat noch nie die Durchsetzung von Innovationen verhindert.Ich will keine Lexika mehr schleppen.IPods für alle!

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Und es gibt ihn doch!

Hurra,ein Leser hat sich zu erkennen gegeben! Florian, du unvergleichlicher, immer noch stark vermisster Lieblingsexreferendarkollege, ich danke dir für diesen Motivationsschub! Nach Wochen der Schockstarre im neuen Schuljahr (statt meines so geschätzten Leistungskurses 33 vitale Fünftklässler, statt Goethes Naturlyrik die Großschreibung der Nomen, statt Fachsimpeleien über Modernisierungsverlierer Streitschlichtung in Sachen "Der schiebt immer seinen Ellenbogen auf meine Hälfte!"), des vorsichtigen Abwartens (Wie wird der neue Schulleiter?)und erkältungsbedingter Dauerschwäche geht es nun wieder weiter. Sollte sich außer Florian hier und da jemand auf diese Seiten verirren, wär' ein Minikommentar nicht schlecht. Man fühlt sich einfach besser, wenn aus dem großen anonymen Rauschen des Netzes mal ein Funkzeichen kommt.

Freitag, 10. Juli 2009

Geschafft!

Die ADO ist beim diesjährigen Abitur das beste Gymnasium Neuköllns.Was sagt Schulleiter Harnischfeger dazu? Seine Schule erscheint in der Liste der Bezirksbesten gar nicht.
Die Übersicht ist hier einzusehen.

Mittwoch, 8. Juli 2009

Berufspraktikum


Zwei Wochen in Berlin unterwegs: zwischen Spandau und Rudow, Wilmersdorf und Prenzlauer Berg, in Werbeagenturen und Zahnarztpraxen, bei Rechtsanwälten und Autoverkäufern, mit S- und U-Bahn, Bus, Tram und Motorrad. Letzteres hier mit Beweisfoto!
Man kommt in der Stadt mal wieder durch Viertel, in denen man ewig nicht war, ist in den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr eng und intensiv mit allerlei Mitbürgern zusammen und führt, wenn man Glück hat, die interessantesten Gespräche mit Menschen, denen man ansonsten nur schwerlich begegnen würde.
Apropos Verkehrsmittel: Aus Gründen, die man in der Tagespresse nachlesen kann, verkehrt die S-Bahn unzuverlässig und ist meist hoffnungslos überfüllt. Es ist warm, die Menschen sind sommerlich gekleidet (Achtung: Euphemismus!)und man kann, wenn man nicht gerade konsequent die Augen abwendet, wirklich gut beobachten, wie man durch langjährige fehlgelaufene Ernährung die eigene genetische Ausstattung modifizieren kann. Das Ergebnis lässt sich dann noch wirkungsvoll durch das passende Outfit unterstreichen.
Die angenehmen Begegnungen hingegen - ein beseelter Logopäde, der ein kurzes Kolleg über alle vorkommenden Sprachstörungen hielt und dieselben auch eindrucksvoll vormachte (ich weiß jetzt z.B., dass es drei Arten des Stotterns gibt), eine strahlende junge Graphikerin, die mit Photoshop "Wimmelbilder" für Vorschulkinder macht, ein stolzer Architekt, der mit seinen Kollegen Fußballstadien in Südafrika und Brasilien baut - waren die mit engagierten, von ihrer Aufgabe erfüllten, durchweg jungen Menschen, die all das Gejammer der abtretenden Generation (Motto:"Nach uns kann nichts Gutes mehr kommen")Lügen straft.
Ob das Praktikum für die Schüler ein Gewinn war? Für einige sicherlich. Für mich war es das allemal!

Montag, 29. Juni 2009

Desinformation

Schlagzeilen der letzten Tage aus der Berliner Morgenpost und dem Tagesspiegel:
- Unterricht an Berlins Schulen wird schlechter
- Jede vierte Schule hat Qualitätsmängel
- Wissenslücken
- So sollen die Schulen besser werden usw.
Worum geht's? Der Bericht über die Schulinspektionen in den Jahren 2007/2008 wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Vergleich zu 2005/2006 wurden weniger gute Ergebnisse erzielt.So weit die Fakten.Die Schlussfolgerungen und Kommentare der schreibenden Zunft sind weitestgehend Humbug.
Es handelt sich nicht um dieselben Schulen wie im ersten Inspektionsbericht. Wie logisch ist die Schlussfolgerung, man beobachte hier einen Prozess der "Verschlechterung"?
Schlechte Noten haben viele Schulen im Bereich "Innere Differenzierung". Was hat das mit "Wissenslücken" zu tun? Der Titel des Kommentars suggeriert, dass entweder die Schüler mit Wissenslücken aus der Schule herausgehen oder dass die Lehrer Wissenslücken hätten. Hier geht es aber in Wirklichkeit um methodische Fragen. Ein gewisses Unterrichtsprinzip wird zum Qualitätsmerkmal gemacht. Schulen sind "gut", wenn sie es in mehr als 80% der Unterrichtszeit anwenden, und zwar unabhängig davon, ob es um die 1. Klasse der Grundschule oder den Leistungskurs bei der Abiturvorbereitung geht, unabhängig davon, ob gerade Werken, Mathematik oder Fremdsprachen unterrichtet werden. Vielleicht täte der Inspektionskommission mal ein bisschen innere Differenzierung gut?
"Rund die Hälfte Lehrer schafft es nicht, im Unterricht auf verschiedene Lernniveaus einzugehen" (MoPo). So soll der sperrige Begriff dem geneigten Leser verständlich gemacht werden. O Graus, die unfähigen Lehrer behandeln alle Schüler gleich, können individuelle Verständnisprobleme nicht erkennen und/oder damit umgehen! Pädagogisches Versagen auf der ganzen Linie!
Was die Inspektion misst und auf ihrem standardisierten Beobachtungsbogen abhakt, ist: Gibt es im Unterricht Aufgaben (z.B. Arbeitsblätter) unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads? Ist das dasselbe wie "im Unterricht auf verschiedene Lernniveaus eingehen"? Kann man das im Unterrichtsgespräch nicht auch? Im Umgang mit unterschiedlichen Schülerbeiträgen? Durch Hilfestellung bei Einzel- und Partnerarbeit?
Bekommen im Sport die einen in der Klasse den Auftrag, ruhig langsamer zu laufen als die anderen? Erhalten dann alle dieselbe Note? Wohl nicht! Gemeint ist vielleicht, dass die einen mehr Training brauchen als die anderen. Aber sind sie danach wirklich genauso schnell?
Ich habe es mit der inneren Differenzierung im Grundkurs Deutsch versucht: arbeitsteilige Gruppenarbeit, einfache Aufgaben für die einen ("Sucht in Emilia Galotti Textstellen, die für eine Charakteristik Odoardos brauchbar sind!"), mittlere ("Fasst den Sachtext über die Struktur der patriarchalischen Familie zusammen!"), schwere ("Erarbeitet Werte und Haltungen des Bürgertums im ausgehenden 18. Jahrhundert auf der Basis des Textes!"). Die Schüler haben ihre Ergebnisse in bewährter Manier auf Folien notiert und vorgetragen. Die stichwortartigen Notizen wurden für alle kopiert. Waren am Ende alle auf dem gleichen Kenntnisstand? Ich bezweifle es. Oder ist das vielleicht gar nicht das Ziel? Aber was ist dann mit dem Zentralabitur, wenn 80% des Unterrichts so verläuft, dass immer dieselben die anspruchslosen Aufgaben bearbeiten? Verstehen sie lückenlos das, was "die Guten" ihnen vortragen, obwohl sie es nicht selbst durchdacht und erschlossen haben? Und was wird aus der Lerngruppe, wenn sich stabile Untergruppen etablieren? Kann nicht die leistungsmäßig gemischte Gruppe die bessere Option sein? Nichts gegen "innere Differenzierung" - im Gegenteil. Aber immer und überall?
Und zurück zu den Journalisten! Sie sollten einmal, wie es ihre Aufgabe ist, vernünftig recherchieren, bevor sie die Verlautbarungen der Bildungsverwaltung nachbeten, als seien sie das Evangelium. Und vielleicht sollten die Titelredakteure (falls es so was gibt) mal stärker kontrolliert werden (Ich schlage "Interne Evaluierung" vor!).Leider wird sich ein Großteil der zeitungslesenden Bevölkerung wieder einmal in ihrem Vorurteil bestätigt fühlen, dass die Lehrer faul und unfähig sind.
Wie hätte eigentlich die Schlagzeile geklungen:
Überwältigende Mehrheit der Berliner Schulen (75%) hat Qualität!?

Sonntag, 28. Juni 2009

Abiball

Dieser Jahrgang hat einen das Staunen gelehrt. Nach dem professionell und liebevoll gestalteten Abibuch der sensationelle Notendurchschnitt und nun auch noch ein Abiball, wie er in den letzten Jahren nicht mehr vorgekommen ist.
Das Abibuch erstaunte schon dadurch, dass es vor Abschluss der Prüfungen fertig war, was angesichts der Tatsache, dass sich die Schüler seit dem 21. April nicht mehr im schulischen Umfeld gesehen haben, schon eine Leistung ist. Jedenfalls hatten die drei vorherigen Generationen seit der Einführung des Zentralabiturs ihre Schwierigkeiten damit, so dass ihr Abibuch entweder nie zustande kam oder mit erheblicher Verspätung erst im nächsten Schuljahr zu erhalten war. Leider haben sich nicht alle Schüler bereit gefunden, eine Selbstdarstellung anzufertigen, sonst wäre das Ganze noch kompletter geworden. Lehrer- und Kursportraits waren nett gemacht, kleine Spitzen wurden diskret angedeutet, niemand wurde hingerichtet oder bloßgestellt. Danke dafür, es ist nicht selbstverständlich! Oft genug artikulieren sich in diesem Medium noch nachgetragene Rachegelüste. Über die Darstellung meiner Person will ich mich nicht ausbreiten; sie ist voller Zuwendung und Anerkennung und hat mich gefreut und gestärkt. Das schöne Foto vom LK Deutsch bekam ich gestern beim Ball dann noch im Großformat mit allen Unterschriften geschenkt, auch dafür danke!
Im originellen Ambiente der Trabrennbahn mit großem Panoramafenster gab es eine stimmungsvolle Feier mit wohldosierten Reden (besonders gelungen die vom Kollegen P.: "Junge, geh auf dem Gestreuten", leitmotivisch auf dem Eis tanzend, aber gleichwohl das Herz wärmend), einem tollen Buffet und Tanz. S. bekam ein Waffeleisen und K. eine anständige Badehose geschenkt.Ich durfte die schriftstellernde Großmutter von F. kennenlernen, an den Sorgen der Eltern teilhaben ("Was soll sie nur studieren? Sie kann sich nicht entscheiden.") und mit allerlei Ex-Kollegen und -Schülern plaudern. Eigentlich müsste ich jetzt noch etwas über die Schülerin S. sagen, deren Abschiedsworte mich wirklich bewegt haben, aber das würde echt kitschig klingen.
Auch der hoch aufgeschossene England-Emigrant war da, ob mit oder ohne Mutter, weiß ich nicht. Letztere hätte ich auf jeden Fall nicht gerne getroffen, wollte sie mich doch auf die Zahlung von 679 Euro verklagen. Eingeweihte wissen, warum.
Es blieb aber alles friedlich, festlich und vergnügt und für die vor dem Ausgang kiffenden Gestalten fühlten wir uns pädagogisch nicht mehr verantwortlich.

Dienstag, 23. Juni 2009

Abschiede

Ein Dreifach-Event: Abikonferenz, Gesamtkonferenz, Verabschiedung; letztere auch dreifach: von Frau S., Herrn M. und Herrn G.-K. Doch der Reihe nach!
Die Abikonferenz begann mit der überaus erfreulichen Mitteilung, dass der diesjährige Jahrgang einen Schnitt von 2,1 erzielt hat, darunter zweimal 1,0 und weitere 19mal mit einer 1 vor dem Komma. Respekt! Da können sich "die anderen" mal warm anziehen. Viele der namentlich Genannten stammen aus der ehemaligen B-Klasse, der ich ja schon im Abibuch eine Art Liebeserklärung gemacht habe (pädagogischer Eros!). Die "Nuller" waren die schulbekannte 16-jährige Klassenüberspringerin M.und der begabte Nicht-Schnellläufer T. Einfach super!
Hauptpunkt der Gesamtkonferenz war neben Terminen fürs nächste Schuljahr der Inspektionsbericht. Wir haben in einigen Bereichen die Bestnote erzielt: bei der Vermittlung fachlicher Kompetenzen (wir bringen unseren Schülern was bei), beim pädagogischen Klima (wir mögen unsere Schüler und zeigen das auch), beim schulinternen Curriculum (wir planen unseren Unterricht)und bei der internen Evaluation (wir überprüfen uns selbst). Was wir nicht tun: Zettelhuberei als Grundprinzip des Unterrichts/jedem Schüler sein eigenes Aufgabenblatt, von doof nach schlau gestaffelt (innere Differenzierung), Rückzug des Lehrers auf die Position des Zettelverteilers (selbstorganisiertes Lernen). In den letzten beiden Bereichen gab es die schlechteste Note. Insgesamt sind wir also zufrieden und deshalb haben sich die Gremien der Schüler, Eltern und Lehrer für eine Veröffentlichung ausgesprochen. Letztlich entscheidet die Schulkonferenz.
In den Powerpointvortrag zu den Ergebnissen hatte ich ein Video eingeschmuggelt,das Frau S. und einige der Lehrer in einer gespielten Unterrichtsszene aus dem Jahre 1983 zeigt. Damals hatten wir aus Anlass des 75-jährigen Schuljubiläums einen Film mit dem Titel "Die Holtzhammermethode" gedreht. Das Drehbuch stammte von den Schülern und es ging dabei um einen autoritären Lehrer (gespielt von dem allseits geliebten und inzwischen verstorbenen Reinhard Herbst), der von seinen Schülern erpresst wurde und dann doch noch ein ganz Netter wurde. Das Beste daran war die Tatsache, dass quasi die ganze Schule mitspielte: der seinerzeitige Schulleiter, sein Vertreter, die Sekretärinnen und ein Großteil der Lehrer. Die damalige Schulband "Enola Gay" (wild aufgestylte Punker) hatte den Song dazu geschrieben. Aufgenommen wurde auf Super-8. Erst später habe ich den Film auf VHS-Video kopieren lassen und in dieser Form schlummerte er vor sich hin. Nun ist er also auf DVD kopiert (und dann noch in MPEG umgewandelt) und wird der geneigten Schulöffentlichkeit als historisches Dokument erhalten bleiben.
Die künftigen Pensionäre wurden mit Gesang, Geschenken und Festreden verabschiedet. Nach einem bewegenden Auftritt des Chors sang auch die Lehrerschaft von G.-K. verfasste Texte auf der Melodie altbekannter Volkslieder. Besonders schmissig wurden die Refrains "Meio,meio, meihoho" und "gükam,gükam" geschmettert! Von den dreien ergriff nur M. selbst das Wort. Es war für ihn die letzte Gelegenheit, das Kollegium auf Qualifikationen und Qualitäten aufmerksam zu machen, die sich nicht jedermann erschlossen hatten. Die muntere Feier war umso erstaunlicher, als eigentlich niemand von ihr wusste. Es sollte nämlich gar nicht gefeiert werden! Wozu diese Geheimniskrämerei dienen sollte, hat eigentlich niemand verstanden.

Mittwoch, 3. Juni 2009

Wiedereinstieg

Drei Monate sind vergangen, in denen ich offenbar nichts zu sagen hatte. Osterferien lagen dazwischen, dann unmittelbar anschließend die Zeit des Schriftlichen Abiturs mit zeitaufwendigen Korrekturen, die MSA-Arbeit Deutsch mit nicht minder zeitaufwendiger Korrektur, das Mündliche Abitur, unterbrochen durch freie Tage und Miniferien, die bei schönem Wetter zu intensiver und harter Gartenarbeit genutzt wurden, die Franzosen waren zu Besuch und irgendwie fehlte die Energie für diesen Blog. Doch jetzt ist das Gröbste überstanden (womit ich nicht den ewig nachwuchernden Giersch meine - dessen Eindämmung ist eine Lebensaufgabe, der man sich nur mit größter Frustrationstoleranz und Demut hingeben kann)und somit soll hier ein Neustart erfolgen, bevor das Schuljahr endgültig herum ist.
Was noch kommentiert werden muss: der fertige Inspektionsbericht (dazu mehr nach der Gesamtelternvertretungssitzung am 11.6.), das Abibuch (wenn es in Kürze durchstudiert sein wird)und die neuesten Entwicklungen in Sachen Schulreform (heute dazu wieder einmal der Neukölln-Phobiker H. im Tagesspiegel).
Gespannt bin ich auf die Durchschnittsnote im diesjährigen Abitur, verbunden mit der Frage, ob wir es endlich einmal schaffen, bestes Gymnasium Neuköllns zu werden. Zweimal sind wir nur knapp daran vorbeigeschrammt, lagen jeweils bei der zweiten Stelle hinterm Komma knapp hinter dem Sieger.

Sonntag, 8. März 2009

Professorenwissen

Heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unter der Überschrift "Gute Bücher,die wir hassen" lauter Verrisse. Von dem einen Rezensenten erfährt man, dass man doch nicht ganz allein auf der Welt ist, wenn man den "Vorleser" nicht mag, oder dass man sich nicht zu schämen braucht, wenn man Heinrich Manns "Henri IV" nach 50 Seiten (gefühlten 200) auf ewig in die hintere Reihe des Bücherregals verbannt hat.
Aber dann kommt "Nathan der Weise", für den man ja als eine im multi-ethnischen Umfeld tätige Deutschlehrerin zutiefst dankbar ist. Wie man von den Kollegen hört, wird die "Ringparabel" auch fleißig in Ethik durchgenommen. Das wird nun ein gestandener Literaturprofessor nicht als Qualitätskriterium durchgehen lassen. Geschenkt! Aber sollte der Besagte, wenn er schon einen Verriss schreibt, nicht noch einmal kurz die Handlung rekapituliert haben? Vielleicht mal in "Kindlers Lexikon der Weltliteratur" geschaut haben, das man doch sicher zu Hause hat? Oder googeln? Aber das tut man vielleicht in professoralen Arbeitszimmern nicht, da man ja alles im Kopf zu haben glaubt. Aber dann so etwas: "...und so kann es am Ende nicht ausbleiben, dass seine angenommene Tochter Recha den Tempelherrn kriegt, der Saladins Neffe und folglich ein Muslim ist."
Also, lieber Herr Professor Gumbrecht, jeder, aber auch jeder Abiturient des Nord-Neuköllner Albrecht-Dürer-Gymnasiums kann Ihnen sagen, dass das Unsinn ist. Der Tempelherr ist Rechas Bruder, und falls man nicht selbst ein orthodoxer Muslim ist, der der Meinung ist, Kinder aus christlich-muslimischen Mischehen seien automatisch Muslime, stimmt auch die zweite Information nicht oder nur halb.
Ich wette, dass in Deutschlands studienrätlichen Haushalten heute morgen am Frühstückstisch ziemlich oft aufgeschrien wurde. Deshalb verkneife ich mir auch einen Leserbrief. Dafür werden schon die anderen Deutschlehrerinnen sorgen.
Wenn ich ihn denn geschrieben hätte, hätte ich dem Literaturwissenschaftler auch noch folgendes unter die Nase gerieben. Gumbrecht findet Lessings berühmten Satz über den Tod seiner Frau und seines Sohnes bewegend. Ist es nicht auch bewegend, dass er im "Nathan" seinem Freund Moses Mendelssohn ein Denkmal gesetzt hat, dem man die Frage nach der "richtigen" Religion öffentlich und durchaus mit nicht ganz redlichen Hintergedanken gestellt hat?

Mittwoch, 4. März 2009

Ado weltweit

Die Deutsche Welle hat mit Schülern der 11b und Gleichaltrigen des Jüdischen Gymnasiums (Mitte)einen Film gedreht: "Koscher - gibt's das nicht auch im Islam?" Derselbe ist zwar (bisher) nicht im hiesigen TV gelaufen, aber unter www.dw-world.de in guter Qualität anzusehen. Heute berichtete der Tagesspiegel unter der Überschrift "Übung in Toleranz".
Der Film ist auf drei "Partner" dieser Begegnung fokussiert: Selçuk und Emanuel, Rasha und Sharon, Moritz und Moshe. Wir werfen Blicke in eine orthodoxe Thora-Schule, eine alevitische Gemeinde, in Rashas Manga-Höhle, Moshes "Internat", Familie Altioks Wohnzimmer (das wir schon vom Spreewald-Austausch kannten)und die Turnhalle der ADO. Wir sehen tief Gläubige, Suchende, Skeptiker. Und es wird einigermaßen glaubhaft vermittelt, dass sich bei dieser Begegnung einige Teilnehmer angefreundet haben. "Stars" sind wie immer die Kameratauglichen und die, die sich für Typisierungen eignen. Aber das muss wohl so sein, wenn man den Zuschauer erreichen will. Die Botschaft ist die richtige und wer die Ringparabel gelesen hat, weiß, was ich meine. Wenn der Film wirklich primär in arabischen Ländern gezeigt wird, wie dies bei der Präsentation im Jüdischen Museum gesagt wurde, gilt das umso mehr. Dort haben die Bilder von Rasha, die ihr Kopftuch abgelegt hat, und Selçuk, der mit einer Kippa in die Synagoge geht, sicher noch eine ganz andere Kraft als bei uns.
Inzwischen war das Jüdische Museum mit seiner mobilen Ausstellung noch einmal in der Schule. Die jungen Mitarbeiter waren sehr angetan von der freundlichen Aufnahme und der qualifizierten Mitarbeit der Schüler. So ist die Idee entstanden, den Preis, den das JMB für seine Jugendarbeit bekommt, am 18. März in feierlichem Rahmen in unserer Aula entgegenzunehmen. Wir erwarten Prominenz und Medien!

Donnerstag, 26. Februar 2009

Nachtrag

Heute erfahre ich, dass das Beethoven-Gymnasium seinen Abiball im Estrel-Hotel feiert.Und wo liegt das? In NEUKÖLLN. Au weia, hoffentlich kommen alle wieder gut nach Hause.

Mittwoch, 25. Februar 2009

Sozialquote

Herr Zöllner möchte ein zweigliedriges Schulsystem einführen: das Gymnasium einerseits und die aus Haupt-, Real- und Gesamtschule fusionierte Sekundarschule andererseits. Ersteres soll nach zwölf Schuljahren zum Abitur führen, letzteres wie gehabt nach dreizehn, wenn die Schüler ein Abitur anstreben. Zudem soll ein Notendurchschnitt von 2,0 notwendig sein, um von der Grundschule zum Gymnasium wechseln zu können.
Protest allerorten! Die Eltern aus den so genannten bürgerlichen Schichten (Wo bitte ist hier ein Bürgertum?), also alle, die sich selbst nicht zur Unterschicht zählen, schnauben: Der Elternwille ist eine heilige Kuh. Ob mein Kind aufs Gymnasium geht oder nicht, kann immer noch ich Vater/Mutter am besten entscheiden.
Die Linke ist empört: Das Gymnasium wird zu elitär. Man fordert eine Sozialquote von 30%, will heißen, dass, egal in welchem Bezirk, eine gewisse Zahl von Kindern aus Harz IV-Familien aufgenommen werden soll. Und jetzt geht der Zirkus erst richtig los. Herr Harnischfeger, Schulleiter des Beethoven-Gymnasiums: "Kinder aus Neukölln würden sich an einer Schule mit anderer Sozialstruktur nicht wohl fühlen und sich auch nicht integrieren lassen." Aha, es gibt also eine Spezies "Kinder aus Neukölln". Ist das etwa ein Euphemismus für Türken/Araber? Die Argumentstruktur hat man früher zur Rechtfertigung der Apartheid verwendet:Schwarze würden sich an "weißen" Schulen nicht wohlfühlen, sie sollten doch lieber unter sich bleiben.Früher nannte man das einen rassistischen Standpunkt. Oder sind "Kinder aus Neukölln" primär arme Kinder, die den Dresscode der Zehlendorfer/Steglitzer nicht mitmachen können und sich deshalb unwohl fühlen würden? Befürwortet Herr Harnischfeger die angenommene Arroganz derer, die in ihrem eigenen Leben noch keinen Cent selbst verdient haben, aber sozusagen auf die Speckseite des Lebens gefallen sind? Gibt es auf der Beethoven-Schule nur Kinder von Besserverdienenden? Wohnen in Steglitz keine Taxifahrer, Putzfrauen, Friseurinnen und Briefträger?
30% Sozialquote würde auch bedeuten, dass ein Teil der o.g."Kinder aus Zehlendorf" sich zwecks Schulbesuch in andere Bezirke begeben müssten, und zwar womöglich mit der BVG. Die Folge: "Gewaltvorfälle, Vandalismusschäden und Klamotten-Abzieherei in den öffentlichen Verkehrsmitteln". Ich kenne zufällig junge Menschen, die in den besagten Bezirken wohnen und dortselbst überfallen und beraubt wurden. Also, lieber Herr Harnischfeger, eine derartige Ansammlung von undifferenzierten und diffamierenden Äußerungen aus Ihrem Munde ist doch ein starkes Stück.
Ich bin nicht blauäugig. Ich weiß, dass es Integrationsprobleme gibt, Gewalt auf der Straße und unterschiedliche gesellschaftliche Milieus. Neu ist mir allerdings der Gedanke, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen offen und ohne Scham ihre Selbstghettoisierung betreiben.
Und außerdem: "Kinder aus Neukölln" und teilweise sogar "mit Migrationshintergrund" haben an unserer Schule ein Abitur mit 1,0 oder 1,1 oder 1,2 gemacht. Die würde Herr H.aber alle nicht haben wollen. Unintegrierbar? Ich finde:unverschämt!
P.S. Ich bin ganz und gar nicht für diese Idee der Sozialquote, ärgere mich aber über die mit großer Selbstverständlichkeit von einem Gewerkschafter vorgetragenen Klischees. Das ganze Interview kann man nachlesen!

Mittwoch, 28. Januar 2009

Schülerzeitung

Die Berliner Morgenpost lässt nicht locker: Schon wieder ein Artikel über die Zensur an unserer Schule. Die Vorgeschichte hier von Anfang an zu rekapitulieren, würde zu weit führen. Tatsache ist: Die Schulleitung ließ sich die damalige Schülerzeitung "dürer!" zur Vorabkontrolle vorlegen, wozu sie nach dem auch in der Schule geltendem Recht auf Pressefreiheit nicht befugt ist. Die Folge (Preisverleihung und öffentliche Aussprache des Wortes "Zensur", Reaktion von Senator Zöllner, Schulwechsel der Redaktion) sind den Eingeweihten bekannt. Tatsache ist auch: Wir haben jetzt eine Schulzeitung, die zur Kontrolle der Schulleitung vorgelegt wird, welche wiederum presserechtlich verantwortlich zeichnet.Das ist nun auch nicht ohne Pikanterie, da weiterhin Artikel über Kollegen/Kolleginnen erscheinen, die nicht nur Schmeichelhaftes enthalten und die subjektive Wahrnehmung der Schülerschaft widerspiegeln. Und dafür ist dann die Schulleitung verantwortlich??! Dann weiß ich wenigstens, wo ich mich beschweren kann, wenn ich falsch zitiert werde (etwa mit: "Liebe Kinder, heute machen wir Drogen!"). Was mich an der ganzen Sache aber nun wirklich umhaut, ist ein Gespräch mit Schülern des Abiturjahrgangs, die diese "Zensur" (man könnte auch versöhnlicher "Vorabkontrolle" sagen)mit großem argumentatorischen Aufwand gutheißen und rechtfertigen. Detlev Meier wird sich im Grabe herumdrehen, der gute Staffelt nostalgisch das gelockte Haupt schütteln und Benjamin Christ wird die allernihilistischsten Kommentare über die Jugend von heute absondern. Mensch Leute, seid doch nicht so verdammt duckmäuserisch! Die Schülerzeitungen an unserer Schule (Pauke, AnAlphabeten und dürer! der 1./2./3.Generation) haben eine Tradition, und zwar zumindest teilweise eine kritische, satirische. Da gab es Redakteure, die sich nicht in die Hose gemacht haben, wenn es mal ein bisschen Stress gab. Okay, als Lehrer möchte man nicht unbedingt alle paar Wochen ängstlich darauf warten, ob man nun diesmal zur Zielscheibe des allgemeinen Spottes geworden ist. Aber war der "dürer!" so? Und das Argument, eine Mitschülerin habe man fertig machen wollen, und das allein rechtfertige die "Vorabkontrolle" - tut mit leid, irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass diese Kritik so menschenverachtend war, wie sie jetzt im Zuge der Legendenbildung erscheint. Die Schulzeitung muss wieder zur Schülerzeitung werden! Wir machen uns ja lächerlich!

Inspektion (2)

Das große Los gezogen! Das Inspektionsteam hatte sich ja nach allen Regeln der Kunst angemeldet, sein Vorgehen erläutert usw. usw. Um die Untersuchungsinstrumente "zu kalibrieren" (whatever that means), wolle man mit der ganzen Truppe in der zweiten Unterrichtsstunde am Montag gemeinsam in eine Klasse gehen und dort einer vollständigen Stunde beiwohnen. Ich fühlte mich in der räumlichen Enge von Raum 402, wo schon die 22 Schüler und ich kaum Luft zum Atmen haben, geschweige denn gemütlich in der Klasse hin- und hergehen können, auf der sicheren Seite. Weit gefehlt! Quelle fatale illusion!(Ist 'ne Anspielung für Eingeweihte!)Schon auf meinem Weg über den Flur raunten die Kollegen, vor der Tür eine besorgte Schulleiterin, hinten in der Klasse die sechs Gestalten, schön eng mit Körperkontakt, wie die Hühner auf der Stange.
Schluck!Erfreulicherweise hatte ich allerdings einen bombensicheren Selbstläufer geplant: Schüler stellen Plakate über "Kabale und Liebe" vor. So konnte ich mich gepflegt an die Seite verfügen und der Sache gelassen zusehen. Und die Schüler waren Spitze! Ganz im Sinne des selbstorganisierten Lernens nahmen sie Sache in die Hand, redeten frei und flüssig und dazu auf hohem Niveau. Wenn das keine Pluspunkte gegeben hat! Später, beim Lehrergespräch am Nachmittag, fragte ich den großen Vorsitzenden, wie denn die Einzelstunden ausgewählt worden seien, und erhielt zur Antwort, das habe das Verwaltungspersonal nach dem Zufallsprinzip gemacht. Ich war dann jedenfalls am selben Tag nochmal dran: in der 7. Stunde im Grundkurs Französisch.Und das war's dann auch. Mal sehen, was dabei rauskommt.